Zwischen den Schluchten

– Kanufahren im Katherine Gorge –

KAPITEL 5

Verschollen im Outback

Wer hätte es (nicht) gedacht: Die Kanufahrer gestern hatten mich dann doch auf den Geschmack gebracht. Kanufahren machte ich immer gerne und das letzte Mal war noch in Leipzig irgendwo. Wann wäre denn ein besserer Moment für das, als jetzt und hier, in dem Canyon zwischen den hohen Schluchten und dem Dschungel des Nitmiluk Nationalparks. Richtig, den gab es nicht. Ich fragte die anderen zu ihrer Meinung, aber bei Steven und Amelie traf ich auf keine Freude. Sie hatte Angst vor tiefem Wasser und scheidete damit definitiv aus. Steve hatte allgemein keine Freude beim Paddeln und wollte nicht unbedingt mitmachen. Tja, aber Amandine fand es großartig – Check! Sie wollte es auch schon seit langem machen, aber da sie nur mit Amelie vorher unterwegs gewesen war, hatte sich das in den Hintergrund verschoben und wurde schließlich vergessen. Es würde also somit das erste mal etwas getrennt voneinander unternommen werden – bei Steven und mir würde es das erste mal seit acht Monaten sein. Spontan folgten wir nun nicht unserem eigentlichen Plan, das Gebiet wieder zu verlassen, sondern fuhren zurück nach Katherine ins Besucherzentrum, um uns zu informieren. Amandine und ich standen eine Weile an, um einen freien Schalter zu bekommen und erfuhren letztendlich, dass für die heutige Tour alles bereits ausgebucht war. […]

Es gab Halbtags- und Ganztagstouren, die sogar über Nacht gingen. So lange musste es für uns jetzt nicht unbedingt sein und wir wollten die Nachmittagstour mitmachen. Vier Stunden ab zwölf Uhr mittags war der Plan, doch das würde erst morgen wieder gehen. Wir gingen zurück zu den anderen, um uns zu beraten. Immerhin waren wir zu viert unterwegs und konnten nicht einfach entscheiden, ohne die anderen zu fragen. Doch das sollte kein Problem darstellen und ich hatte da wirklich richtig Bock drauf! Wir schauten uns zusammen die Gebietskarte nochmal an und fanden auch gleich ein paar Wasserfälle, die noch unbesichtigt waren und die wir sonst ausgelassen hätten. Der Plan stand fest: Heute ging es zu den Edith Falls und morgen würden Amandine und ich Kanufahren im Katherine Gorge, während Amelie und Steve eine kurze Wanderroute nehmen wollten, um sich danach mal zu entspannen.

Aufgrund deiner Datenschutz-Einstellungen können wir Ihnen die Karte nicht anzeigen. Klicken Sie hier, um die Karte in einem neuen Fenster zu öffnen.

1 2 3 4

Wir erreichten einen der drei Zugänge zum Wasser und breiteten unse Sachen auf den angrenzenden Steinstufen aus. Dann ging es auch gleich ins Wasser – zumindest bis zum Knie, denn es war wirklich unerwartet frisch. Ein Einheimischer, der gerade seine Runde gedreht hatte, lachte, dass es doch ganz angenehm sei… Die Mädels brauchten eine Weile, bis sie bis zur Hüfte drin waren und entschieden sich dann auch, nur in dem kleinen Vorbecken zu bleiben. Dieser Bereich wurde von einer kleinen Insel vom See dahinter abgetrennt. Es war ihnen zu kalt, bzw zu tief. Egal, Steve und mich hielt das nicht ab durch das frische Wasser die Insel zu umrunden und dann geradewegs zum Wasserfall zu schwimmen. Als wir dort ankamen, waren wir tatsächlich sogar alleine und erkundeten die Stelle unter und oberhalb der Wasseroberfläche. Wir fanden einen kleinen Frosch auf einem der Felsvorsprünge und störten ihn gerade beim Sonnen. Lange blieben wir nicht, da es wirklich kalt wurde und nach dem Abenteuer Wasserfall, gign auch gleich zurück zu den Mädels – dieses Mal natürlich mit Abkürzung über die kleine Insel. Als ich dann zitternd aus dem Wasser kam, stand Amandine schon mit dem großen Handtuch da und wartete auf mich. Sie und Amalie unterhielten sich gerade mit zwei Reisenden, die uns gleich darauf hinwiesen, dass sie auf der kleinen Insel eine Brownsnake vor wenigen Minuten gesehen haben – eine der tödlichsten Schlangen Australiens. Toll, wieder verpasst. Man man (; Nach einer Runde ausruhen, Fotos machen, Buch lesen und unterhalten packten wir zusammen und fuhren zu unserem Nachtplatz von gestern zurück. Eine Stelle auf Wüstenboden, etwas abgelegen von der Landstraße und mit vielen Büschen, die die einzelnen Stellplätze voneinander trennte.

Freitag, 05. August

Am nächsten Tag war es dann endlich soweit! Im Besucherzentrum wurde uns der Abfahrtsort mitgeteilt und über eine Stunde hatten wir noch Zeit, bevor es losgehen sollte. Die süßen Wallebies von vor zwei Tagen waren dieses Mal nicht auf der kleinen Wiese, als wir vorbeigingen und den kleinen Pfad Richtung Ablegesteg betraten. Schon von Weitem hörten wir ein merkwürdiges Geräusch durch die Gegend schallen. Wie eine Horde Affen klang es und kam aus den Bäumen. Als wir dann auch noch eine Gruppe Menschen vorfanden, die ihre Kameras nach oben richteten, wagten wir auch einen Blick und staunten nicht schlecht, was uns geboten wurde.

Affen waren es nicht. Dafür aber hauste eine Gruppe Flughunde (die größere Version der Fledermäuse) in den Ästen und unterhielt sich lautstark über den Platz. Denn es war nicht der einzige Baum, der von ihnen in dieser Gegend bewohnt wurde. Dabei zappelten sie munter vor sich hin oder wanderten sogar von einer Stelle zur nächsten. Cool (: Amandine und ich gingen zum Häuschen, um unsere Tickets zu kaufen und zu informieren. Die ersten Leute würden eine Art wasserdichtes Fass bekommen, um ihre Wertsachen darin zu verstauen. Es waren nicht genug für alle da und im Moment waren sie alle rausgegeben für die frühe Gruppe. Wir sollten uns einfach selber darum kümmern, wenn sie zurückkommen würden. Rechts war ein großer Gitterkäfig mit zahlreichen Paddeln, Westen und sonstigem Zubehör, geöffnet. Wir hatten jedoch noch reichlich Zeit und setzten uns erstmal auf die kleine Bank gegenüber und genossen die Sonne.

Es wurden immer mehr Menschen und wer hättees gedacht – zwei deutsche Familien warteten ebenfalls auf die Ankunft des Shuttle Bootes. Egal wo man in der Wüste war, es waren immer Deutsche unterwegs. Schlimm. Schließlich kam das Boot und wir organisierten uns sofort eines der Fässer, holten uns jeweils eine Stange Paddel und zogen widerwillig eine der grellen Schwimmwesten an. Denn das war Pflicht. Dabei hatte ich mich schon aufs brauner werden gefreut… […] Egal. Ein langes hellgraues Transportoot mit unzähligen Sitzen wartete auf unsere Besetzung. Ich wollte unbedingt vorne sitzen, also machten wir schnell, um als erstes zu stehen. Aber wieso ein Boot zum Paddeln? Ganz einfach: Überall waren natürlich Krokodile in den Gewässern und da lassen die natürlich niemanden drauf. Dafür gab es einen isolierten Bereich (durch einen künstlichen Steindamm angelegt), in den keine Krokos kommen konnten. Und das alles nur damit man paddeln konnte (und natürlich noch andere kostspieligen Extras bekommen konnte). Um dort hinuzkommen, musste uns das Shuttleboot hinbringen. Allein die Bootsfahrt war den gannzen Preis des Paddelns schon wert. Richtig cool gewesen, durch die engen Dschungelartigen Passagen zu fahren. Ein Sprecher erklärte dabei was es gerade zu sehen gab und plötzlich steuerte das Boot an den Rand und wir wurden aufmerksam gemacht, dass es ein Süßwasserkrokodil zu sehen gab! Da wir ganz vorne saßen, konnten wir es tatsächlich aus wenigen Metern Entfernung sehen. Das erste Krokodil in freier Natur!! An dieser Stelle wurde uns erklärt, das es in Australien zwei Arten von den grünen Minidinos gab. Nämlich die Süßwasser- und die Salzwasservertreter. Erstere seien im Gegensatz zu den anderen ungefährlich gegenüber Menschen, sofern diese sich nicht zu blöd anstellen würden. Sie seien sehr schreckhaft und sobald sie Menschen wittern, verschwinden sie sofort und kommen auch nicht mehr raus. Auch als Nahrung sehen sie uns nicht an und würden daher nur angreifen, wenn sie sich bedroht fühlen. Obwohl selbst da würden sie lieber die Flucht ergreifen. Aus diesem Grund waren Badeseen in Australien freigegeben, obwohl Süßwasserkrokodile gesichtet wurden. Natürlich wird man immer darüber über ein Schild informiert und das Schwimmen sei auf eigene Gefahr. Salzwasserkrokodile hingegen sind sehr gefährlich und werden auch viel größer. Ein ausgewachsenes Exemplar mit zwischen drei und sechs Metern würde einen Menschen ohne weiteres in Stücke reißen und hat keine Angst vor Menschen. Aus diesem Grund werden ganze Bereiche gesperrt, sobald eines gesehen wurde und auch Fallen sind in allen Ein und Ausgängen gelegt worden, um sie zu fangen und dann in andere Beireiche zu transportieren. Eine Nummer zum Tierschutzfindet man auf jedem Schild. Hier im Canyon gab es nur Süßwasserkrokodile, trotzdem wurde ein Extrabereich geschaffen zum Kanufahren, damit die Touristen auch ohne Guide dort paddeln konnten.

1 2 3

Nachdem wir hielten folgten wir dem Guide durch eine Felspassage und sahen nach der nächsten Ecke dann auch schon den Kanukreis im Wasser schwimmen. Jetzt gehts los! (: Mit unseren Paddeln und dem Fass in den Händen sezten wir uns nach einer kleinen Einweisung in unser Boot und waren freeeeei! Erstmal weg von den anderen war der Plan, doch das war gar nicht so einfach, da es erstmal nur einen Weg gab und bis auf ein paar Ausnahmen alle gleich schnell waren. Es war richtig cool! Die Sonne schien und über uns war der blaue Himmel, während wir zwischen den orangebraunen Felswänden im zick zack über das Wasser rutschten. Es dauerte eine Weile bis wir uns zusammen koordinaiert hatten und nicht immer mehr nach links oder rechts drifteten und dann war plötzlich Ende. Es ging nicht mehr weiter und wir beobachteten die ersten leute, die ausstiegen und ihr Kanu anhoben, um es über die spitzen Steine zu tragen. Natürlich folgten wir, auch wenn es nicht leicht war. Amandine hat sich sehr schwer getan beim ersten Mal (ja man musste irgendwann ja auch wieder zurück), aber ich hab dem Familienvater der einen deutschen Familie geholfen und danach half er mir, das gelbe Kanu zum nächsten Wasser zu tragen. Sehr schön! Dann gab es für uns erstmal ne Pause und wir fuhren an die Seite, um uns auf die Steine zu setzen und unsere Sandwhiches zu essen. Dabei konnte man ganz herrlich die anderen Leute beobachten, wie sie ihre Kanus durch die Gegend zerrten. Am Ende half ich noch einer weiteren Familie und dann ging es auch schon weiter mit uns.

1 2

Später holten wir die erste deutsche Familie wieder ein und ich gab dem Papa meine Kamera, damit er ein Foto von Amandine und mir auf dem Kanu machen konnte. Selber zu machen war da schon anspruchsvoller als sonst (; Wir hatten im Reiseproviant noch eine Packung Lollis gefunden, also gab es gleich eine Portion Zucker am Stiel für jeden, während wir der schlauchartigen Schlucht weiter folgten. Weit über uns wuchsen vereinzelt Bäume an der Kante und es wurde mal schmaler und breiter. Irgendwann kehrten wir lieber wieder um, da uns eine Zeit genannt wurde, zu der wir abgeholt werden würden. Und dieses Taxi wollten wir ungern verpassen. So fuhren wir zurück zum Übergang und trugen diesmal zusammen das Boot über die rutschigen Steine. Nach uns folgten auch schon die nächsten und gemütlich ließen wir uns langsam vorantreiben, bis zu einem Bereich mit großen Steinflächen am Rand. Hier wollte ich anhalten! Eigentlich war mir der Sinn nach baden, aber die Steinflächen war so verdammt rutschig, dass ich auf allen Vieren zum Wasserloch ging und dort aber auch nicht reinspringen wollte, da unter uns nur große Felsen verteilt waren. Stattdessen ging ich zurück, setzte mich auf einen Stein und genoss den Moment für einen Moment.

Eine halbe Stunde mussten wir am Boot warten, weil es eine Verzögerung mit den letzten Leuten gab. Aber diese Zeit wurde uns geschenkt und um uns vom Paddelsport abzukühlen hatten wir nun neben den Kanus die Möglichkeit, nochmalne Runde zu schwimmen. Dann kam das Boot und mit der Sichtung eines zweiten Krokos legten wir im Shuttleboot, vom Tag geschafft, im Sonnenuntergang den Heimweg zurück. Steve und Amelie warteten schon auf uns und berichteten auf dem Weg zum Schlafplatz von ihrem heutigen Abenteuer.

Nun hatten wir alles in dieser Region gesehen und morgen würde es weiter Richtung norden gehen. Die Zivilisation war nah und wir waren dabei, das Outback zu verlassen. Viele Höhepunkte gab es und viele Geschichten zu erzählen. Bis jetzt sogar einige der intensivsten, aber keiner von uns wusste, welche Wendungen, Überraschungen und Zufälle alle noch auf uns zukommen würden. Ziele gab es noch mehr als genug und die Aufregung auf den tropischen Regenwald war groß. Dieses Kapitel ist nun vorbei und die erste Seite des nächsten war gerade dabei, umzublättern…