Erste Regenflüsse bildeten sich und liefen langsam die Scheibe herunter. Von draußen ertönte hin und wieder ein lautes “Määhhh” von links, oder ein “Muuhhh” von rechts. Es war gerade 10 nach acht Uhr morgens und ich hatte das Radio angemacht, während wir im Auto saßen und warteten. »Morgen zwischen sieben und halb acht gehts los.«, waren die letzten Worte von Craig gestern nach der Arbeit. Doch durch den Nieselregen würde sich seine Ankunft wohl verzögern…
Um uns etwas die Zeit zu vertreiben, fuhren wir Sonntag an den südlichsten Punkt dieser Küste nach Cape Jervis. Bis auf die Fähre nach Kangaroo-Island (die gerade ablegte) und einige schicke Steinstrände, gab es allerdings nichts. Somit machten wir uns rechzeitig auf, nach Normanville auf das Farmgelände.
Am Montag startete die Arbeit für Steven und mich auf dem Weinfeld pünktlich mit den anderen um sieben Uhr morgens. Wir waren am Sonntagabend schon hergekomen, um direkt auf dem Farmgelände, auf dem es absolut nichts gab außer Schafe und Kühe, zu schlafen.
Eine kleine Gruppe aus bestimmt nur zehn Pflückern (inklusive uns) nahm ihre Arbeitsmaterialien – einen kleinen schwarzen Eimer und eine orangene Gartenschere – entgegen. Dann ging es auch schon los. Der Supervidor Craig mit weißem Bart nahm und in Empfang und sehr entspannt, interessierte ihn gar nicht, ob wir eine MADEC Karte hatten oder sonst etwas. Wir verteilten uns also mit den anderen in dem zugewiesenen Gang und rupften erstmal die Pflanzen. Da später eh alles gestampft werden würde, interessierte es niemanden, wie die Trauben im Eimer aussahen. Wichtig war nur, dass sie nicht schmillig waren, aber das kam erst am zweiten Tag hinzu.
Man rupfte also erstmal sämtliche Blätter vom Geäst um freie Sicht zu haben, schnitt die Traubenrebe aus dem Busch und ließ sie in den Eimer unter einem fallen, das es klatschte. Das machte man ein paar Mal, bis der Eimer ungefähr halb voll war. Dann kam auch schon einer der drei Laufburschen, kippte den Inhalt um und trug zwei volle Eimer zum großen Bin auf den kleinen Laster vor uns. Wir arbeiteten alle gleichzeitig. Man stand nebeneinander und pflückte seinen Meter, oder auch zwei. Wenn man fertig war, ging man einfach weiter Richtung Laster und suchte sich hinter den letzten Pflücker eine freie Stelle links oder Rechts vom Gang. Das war´s. Niemand beschwerte sich, alle waren nett und man musste auf keinen dummen Leitern stehen. Das für 20 Dollar die Stunde auf die Hand war der bisher beste Job im Fruitpicking!
Normalerweise wurden Weinplantagen hier mit Maschinen geerntet, die die Äste einfach abfräsen. Das war die günstigere Alternative. Doch Merlin fand heraus, dass das Weinfeld hier der Firma gehörte, die den teuersten Wein Australiens herstellen würde. Eine fertige Flasche läge dabei um die 1000 US$. Das war viel und da das Feld nicht besonders groß war, wurde hier Wert auf Handarbeit gelegt. Soviel zur Theorie. Uns war´s egal, eine Kostprobe würde es wohl nicht geben, aber die Arbeit und Bezahlung war 1A. Blöd nur, dass es keine dauerhafte Arbeit zu sein schien. Denn bereits nach dem ersten Tag war sich Craig nicht sicher, ob es am nächsten Tag Arbeit geben würde. Wir gaben ihm meine Nummer und er wollte sich melden, sofern es Neuigkeiten gäbe.
Der nächste Ort hier war Normanville. Wir waren bereits ein paar Mal durchgefahren und da er direkt an der Küste lag, gab es natürlich einen Strand. Einen richtig schicken, wie sich später herausstellte. Nach der arbeit im Weingemüse ging es direkt zum Wasser entspannen. Der lauhe Wind wehte warm über uns, während die kleinen Wellen am Strandufer über den Sand spülten. So ließ es sich aushalten! Das einzig blöde war, dass es nirgens warme Duschen gab. Auf der Farm gab es gar nichts und auch hier in dem kleinen Ort gab es keine freien warmen Duschen. Imerhin gab es zwar offene, direkt am Strandzugang – aber die waren eiskalt. Aber was solls, die letzte warme Dusche lag ja bereits einige Wochen zurück und man hatte sich bereits dran gewöhnt. Zumindest fast. Australien härtet ab gegen Kälte, ich sag´s euch!
Auch abends kühlte es mittlerweile jedes Mal auf 12 und weniger Grad runter. Das war nicht toll. Tagsüber kletterten die Temperaturen zwar noch auf zwischen 20 und 27, aber es wurde langsam offiziell Herbst. Zumindest hier unten im kühlen Süden. Am Abend auf der Farm meldete sich Craig und verkündete, dass es für den nächsten Tag nicht genug Arbeit gäbe und er daher nicht alle Pflücker vom Vortag brauchen würde. Da Steven und ich der Neuzugang waren, schieden wir aus. Mist… Naja. Wir machten Essen und schauten einen Film bis 0 Uhr und freuten uns auf´s Ausschlafen. Immerhin etwas.
Dienstag, 22. März
Mein Handy klingelte mich aus dem Schlaf und ich gab es vibriedend Steve in die Hand der natürlich längst wach war. Es war Craig und es gab spontan Arbeit. Es war halb 8 durch und positiv überrascht, machten wir uns bereit für den zweiten Arbeitstag. Super!
Genau wie am Vortag, war die Arbeit ein Traum. Jedenfalls insofern eine Arbeit ein Traum sein kann, denn Arbeitist und bleibt Arbeit. Und diese ging ganz schön auf den Rücken mit der Zeit. Aber das kannte man ja mittlerweile bereits. Wir schnitten und ließén das Obst im Eimer klatschen bis drei Uhr nachmittags. Sogar die zwei Pausen von jeweils zwanzig Minuten wurden bezahlt Richtig gut! Am Ende verabschiedete sich Craig von den anderen Pflückern und überreichte ihnen jeweils einen Check. Uns fragte er, ob wir am nächsten Tag zu viert den Rest pflücken könnten, was wir natürlich wollten. So war es mal wieder das selbe Ende: die Deutschen blieben wieder bis zum Ende und übernahmen die Farm. Langsam wurde das Standard (;
Da wir nun abends wieder Zeit hatten, fing ich an, das nächste Australienvideo vorzubereiten. Ich habe einige neue Ideen für den Schnitt, aber vielleicht dauert es bis zur Veröffentlich dieses Mal nicht wieder zwei Monate. Aber Mal sehen, immerhin steht es nicht im Vordergrund. Merlin hatte zwischenzeitlich das Boot in Gumtree zum Verkauf gestellt. Da sie durch das Outback wollten und die Aluschale nur Sprit kostet, war jetzt der beste Zeitpunkt.
Mittwoch, 23 März
Jetzt war es bereits 8.39 Uhr morgens und Craig war immernoch nicht da. Steve hatte sich schon sein Pausenbrot geschnappt, dass er vorhin schnell hinten am Auto geschmiert hatte und war dabei, es verschwinden zu lassen. Hoffentlich würde der jetzt mal endlich herkommen, damit wir nicht umsonst früh aufgestanden waren…
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