Beim finalen Abgeben der Bins bekamen wir von Michael ein Angebot: Morgen würde es so oder so Äpfel zu Pflücken geben, jedoch gäbe es noch viele Birnen, die ebenfalls runter mussten. Er bot an, dass man heute Abend nochmal drei Stunden ab 18.30 Uhr raus auf die Plantage könnte, um sich einen Bin zu verdienen. Diesesmal jedoch nicht für 32 Dollar, sondern 38 auf die Hand. Pro Bin. Wir wollten drüber nachdenken und gingen erstmal zu unserem Auto. Es war halb vier, in vier Stunden würde es also weitergehen… Erstmal war Pause angesagt und dann wollte man mal schauen.
Wir standen mit unserem Van neben der Halle direkt in der Sonne. Angenehme sechzig Grad warteten im Auto auf uns, als wir unseren Herd aufbauten – Eierkuchen sollte es geben. Wir hatten am Port Albert eine neue Pfanne gekauft und dies war nun der Qualitätstest! Die fertigen Pulvermischen hier in Australien sind wirklich sehr lecker und nur zu empfehlen! Perfekt für Backpacker, die nicht immer so viel beim Kochen einsauen wollen. So brutzelte ich diesesmal ohne Probleme einen Eierkuchen nach dem anderen, solange bis… das Gas alle ging. Neeiin!! Seit der Kirschfarm hatte unsere Katusche gehalten, aber genau jetzt beim Eierkuchen, starb sie. Irgendwetas wollte, dass wir keine Eierkuchen aßen… Die Hälfte war geschafft, die andere war noch in der Flasche frisch angerührt. Ach man. Wir beschlossen, die nächsten Tage das Ding auffüllen zu lassen und räumten zusammen, um zu den anderen in die Halle zu gehen. Da war wenigstens Schatten.
Pflücken, oder nicht? – das war hier die Frage. Merlin war sich sicher: er hatte absolut keinen Bock. Malin und Steven würden zusammen einen Bin vollhauen. Aber was würde ich tun? Eigentlich keine Lust auf Birnen, aber man war ja hier um Geld zu machen, und nicht um sich nen Lenz zu machen… Alleine würde ich jedenfalls garnciht erst anfangen, dann säße ich ja mitternacht noch da… Die Stunden vergingen und einige Tunfischdosen wurden geleert, dann war es soweit. Die Zweiergruppen bereiteten sich vor und begannen sich zu versammeln. Mist, was sollte ich jetzt machen?! »Na frag doch die Kanadierin. Ich glaube die pflückt alleine.« – »Welche war das?« – »Da hinten, die mit der pinken Strähne«, zeigte Malin zur Halle. Wieso eigentlich nicht. Sie war ebenfalls am überlegen, ob sie pflücken gehen sollte, aber alleine hatte sie auch keine Lust. Ich fragte, ob wir uns einen Bin teilen würden.
Zwanzig Minuten später fuhr ich den Traktor (mit den beiden neuen Deutschen, Sebastian und Melissa im Schlepptau) zu der Stelle, an der wir pflücken sollten. Leitern standen schon überall verteilt und wir hatten fünf leere Bins zur Auswahl. Laura hieß das Mädchen aus Kanda. Sie hatte ihr Abitur (dort heißt es anders) abgeschlossen und angefangen zu studieren. Doch das war ihr zu langweilig und sie hatte Abwechslung gesucht. So kam sier her – ans Ende der Welt auf der Suche nach dem großen Abenteuer. Sie war alleine unterwegs und hatte noch weder Zelt noch Auto. Sie war mit Zug, Bus und Taxi hierhergekommen. Zu ihrem ersten Fruitpicking Job. Und dann gleich Birnen -au man. Aber es lief ganz gut! Die Hälfte vom Bin füllten wir nach 45 Minuten!! Da Melissa und Sebastian ebenfalls bei uns pflückten und wir uns den Traktor teilten, kamen auch wir ins Gespräch. Sie kamen aus Würzburg und hatten bereits ihren ersten Teil des Studiums hintersich. BWL war ihr Studiengang und sie waren bereits Bachelor. Ein Jahr Pause hatten sie eingelegt, um die Welt zu sehen. Danach sollte es weitergehen. So waren die beiden vor Australien u.a. unterwegs in den USA in Los Angeles. Sechs Wochen gab ihnen ihr Zeitplan in Australien – nicht sehr viel, wenn man den mit unserem vergleicht. Aber ausreichend um sich einen Eindruck von diesem Land zu machen! Cool, dass man sich hier beim Birnenpflücken getroffen hat.
Das Pflücken ging von Baum zu Baum und langsam begann die Sonne unterzugehen. Wir schafften den jeweiligen Bin zeitgleich und es war noch Zeit. Also entschieden wir uns spontan dazu, zu viert noch einen dritten Bin zu füllen. 45 Minuten würde es dauern und dann wäre es genau neun Uhr abends. Geplantes Arbeitsende. Man hockte drei Meter über dem Boden in einem Baum, während einem das orangene Licht der Sonne, durch die Blätter, ins Gesicht schien. Jedoch waren es immernoch bestimmt 28 Grad und das Schwitzen hörte nicht auf. Auch nicht, als es so dunkel wurde, dass man die Früchte nur noch kaum sehen konnte. Pünktlich um neun leerten wir alle unseren Bag aus und schlossen den gemeinsamen Bin ab. Keine Minute zu früh, denn es wurde schon echt finster. Die drei stellten sich zwischen die Bins auf den Trakturzug und ich setzte mich ans Steuer. Der Traktor hatte keine Lampen. Juhu :D
Da man ja noch etwas sah, war es trotzdem kein Problem, aus der Mitte der Baumreihen hinauszukommen. Einem großen Ast und ein paar Steinen musste sich ausweichen, abe sonst war alles gut. Auch die enge Kurve am Ende war kein Ding. Bevor wir den Platz zum Ausladen erreichten, ging es direkt an der großen Ackerfläche vorbei, mit den schwarzen Bäumen am Horizont und den ersten Sternen, die am dunkelblauen Himmel herauskamen.
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