Die große Improvisation
– als wirklich alles ungeplant war –
Malin und Merlin waren noch in der Stadt unterwegs und so fuhren wir vor. Später entschieden sie sich durch die momentane Situation, erstmal ihr Ding zu machen und trennten sich fürs Erste von unserem Konvoi. Irgendwie sind wir mit den Autos immer zu dritt unterwegs.
Am Abend erreichten wir, nach 200 Kilometern Highway, das Blow Hole. Ein Loch mitten im Fels, unter dem der Ozean sein Unwesen trieb und durch die Wellen hin und wieder eine riesige Fontäne in die Luft schoss. Ein hellblau scheinender Leuchtturm stand direkt an der stürmischen Klippe, unter der gewaltige Wassermassen gegen den Fels schmetterten.
Wir schauten uns den Spot kurz an, da es bereits dunkel wurde und machten uns dann auf den Weg zu unserem heutigen Nachtplatz. Nico hatte einen kostenlosen Platz im Nationalpark herausgesucht. Irgendwo mitten im Wald. Es war bereits stockfinster, als wir auf die letzte Straße einbogen. Steile Straßen und enge Kurven erwarteten uns die nächsten dreißig Minuten, bevor wir unerwartet von vier Rangern in einem Wachhäuschen dort in Empfang genommen wurden. Sie schrieben sich unsere Namen und geplanten Nächte mit Kennzeichen auf. Hatten die nichts besseres zu tun, als die ganze Nacht im Nirgendwo darauf zu warten, dass irgendjemand dort ankam, um zu schlafen?! Naja. Highlight waren auf jedenfall die niedlichen, knuffigen Wombats, die dort überall frei herumliefen und uns in der Nacht direkt vors Auto geschissen haben. Man man man. Hatte ich schon gesagt, dass es die ganze Zeit geregnet hatte? Wir bauten daher schnell unsere Plane auf. Zum Glück, denn am nächsten Morgen regnete es immernoch. Im Auto flogen überall Schlüpper und Socken herum, die vom Neujahr nicht trocken geworden waren, weil es seitdem nur am Regnen war.
05. Januar
Waschtag! (Wie sich später am Tag herausstellte)
Wir fuhren nach dem Frühstück die tolle Lochstraße zurück auf den Highway und setzten unseren Weg fort. So erreichten wir nach etlichen Kilometern den Bicentennial Park. Ein Naturreservat mit einem Strand, wie wir ihn von der Nordsee kennen. Gerade war Ebbe und man konnte großflächig den Strand begehen. Hunderte kleine Krebse krabbelten auf dem Boden und sobald man in ihre Nähe kam, verschwanden sie im Sandboden und buddelten sich ein. Es gelang mir jedoch, eine an ihrem kleinen Körper festzuhalten, bevor sie fliehen konnte. Aus nächster Nähe sahen sie echt putzig aus mit den kleinen Stilaugen und Minischeren!
Wir setzten uns nach vorne unter einen überdachten BBQ Platz und bereiteten den Nachmittag unser Abendessen vor. Wir hatten keine Zeit mehreinzukaufen und geplant war es auch nicht, groß zu kochen. Doch man musste improvisieren und wir schauten, was alle noch an Essen dabei hatten. So gab es nur eine Möglichkeit: frisch zubereitete Kartoffelpuffer mit Mais und dazu Salat. An einer anderen verfügbaren BBQ Stelle (unsere wurde nicht wirklich warm) brutzelte Marvin für alle die Kartoffelmasse zu leckeren, goldbraunen Scheiben. Es war wirklich lecker.
(Puuhh… Das passt zwar gerade gar nicht hierhin, aber ich reiße mal ein Loch in die zeitliche Dimension. Bin gerade aus der Puste, weil ich mit den anderen Feuerholz suchen war für unser Lagerfeuer, direkt am Fluss. Ich sitze nun in der Dämmerung in Badehose auf dem Kiesbett, vorm Wasser. Nachher gibts bestimmt noch Nachtbaden und dann wird am Feuer getrocknet – fett! Wie was und wo, erfahrt ihr später (; – jetzt aber zurück in die Vergangenheit…)
Die Kartoffelpuffer waren ein Glanzschmaus. Da wir jedoch noch weiterfahren mussten, ging ich die letzte Fuhre Wäsche aus der Laundry holen und dort begegenete er mir. Ich hatte bereits geglaubt, dass ich ihn niemals hier finden würde. Doch da stand er direkt vor mir in seiner kurzen Hose mit Sommerfrisur: ein unfreundlicher Australier. Keine Ahnung, was in seinem Leben gerade schief lief, oder ob alle seinen Geburtstag vergessen hatten… Jedenfalls begann er ein trügerisch freundliches Gespräch über meine bisherige und geplante Reise in Australien anzufangen. Doch als ich meinte, dass ich auf diesem Campingplatz nicht wohnte und nur zum Wäschewaschen dort war, zog eine gewaltige Gewitterfront in ihm auf, die er nun an mir auslassen musste. Was ich mir denn einfallen ließe, hier einfach so meine Wäsche zu waschen, wollte er wissen. Familien mit Kindern wohnten hier. Ob das denn für mich okay wäre. Ich verstand sein Problem nicht und während ich einfach nur meine nasse Wäsche in die blaue IKEA-Tüte stopfte, textete er mich weiter auf englisch zu. Wir hatten die Rezeption vorher gefragt und sie gaben uns das okay. Doch er glaubte mir nicht. Keine Ahnung was er alles sagte, aber er steigerte sich immer weiter bis er schließlich irgendetwas mit »[…] your fucking german are all like shit!« herausposaunte. Dabei rotzte er herblassend auf den Fliesenboden der Laundry und ging knurrend nach draußen. Dann rumste es. Er hatte wohl noch gegen die Wand getreten. […] Vielleicht musste er heute wohl ein paar Minuten länger warten, um seine Kackschlüpper zu waschen. Aber gleich so unfreundlich zu werden. Naja mir war es egel, mich führte der Weg eh heraus aus diesem Kaff.
Und dieser Weg bestand aus 150 Kilometern. Und es war gerade 23 Uhr. Na das kann ja was werden… Wir stopften die nasse Wäsche in alle Ecken im Van, damit sie wenigstens etwas noch trocknen konnte. Zum Glück hatten wir sämtliches Bettzeug gewaschen, was nun nass vor uns auf der matratze lag. Unser Auto sah aus, wie Dresden ’45.
Die letzten Kilometer zum Reserve waren wieder mal reinste Wüste. Schlaglöcher und Unebenheiten ohne Ende. Dazu kamen ein Haufen Wombats, die ständig quer über die Straße liefen. Marvin hatte sogar eins fast überfahren… Denn sie warten bis man kam und liefen dann plötzlich los. Ein wunder, dass die noch nicht ausgestorben sind… Ein Kangaroo hoppelte einige Meter vor uns im grellen Fernlicht davon, bevor es dann im Busch neben uns verschand.
Der Campingplatz war in der Nacht sehr unspektakulär, denn man sah…nichts. Nichts, außer Grasboden und dunkle Bäume um einen herum. Und ein Klohäuschen, dass wenige Meter von uns auf einem Podest sein Leben verbrachte. Es war mittlerweile schon standard geworden, nachts irgendwo nach etlich langen Straßen anzukommen und nicht zu sehen wo man eigentlich war. Am nächsten Morgen sah man dann, in was für einem dichten Gemüse oder eben fetten Landschaft man geschlafen hatte. Dieses Mal erschien direkt neben uns bergab ein reißender Fluss. Zum Glück war ich der dunklen Holztreppe letzte Nacht nicht in die Dunkelheit gefolgt (;
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