Aus den blauen Bergen kommen Wir – Teil 2
– Die erste Begegnung –
Wie toll es doch ist, an einem Freitagabend im Hostel zu bleiben und nicht, wie alle anderen, feiern zu gehen: Man hat in der Küche genug Platz zum Essen, im Baderaum ist man ungestört und im eigenen Zimmer ist zur Abwechlsung mal nicht Tag der offnen Tür… Was es damit aufsich hat, lest ihr hier im Beitrag über das “Stück” (;
8. November
Heute sollte es also mal wieder zu den blauen Bergen gehen – diesmal sogar mit Erfolg! Die Sonne schien uns hell ins Gesicht, als wir früh um kurz vor neun unser Hostel verließen und uns zur Central Station aufmachten, um Marie zu treffen. Zusammen mit ihrer Freundin Julia (die sie über eine Facebookgruppe hier kennengelernt hatte und mit der sie ihre Reise in Australien am Sonntag fortsetzen wird) wartete sie auf uns am Gleis fünf. Ein Freund von ihr – ein Kevin aus Deutschland – fehlte noch, damit wir in den Zug stiegen konnten. Kurzerhand später erschien dieser sogar noch recht pünktlich, aber nicht alleine – er brachte noch zwei weitere Freunde aus seinem Hostel mit. Diese stellten sich uns als “Chris aus Kanada” und “Oliver aus Wales” vor. Beide konnten nur englisch. Die Fahrt konnte also beginnen und wir waren (mal wieder) eine größere neue Gruppe (;
Im sich entwickelnden Gesprächsverlauf machte uns plötzlich ein alter Herr darauf aufmerksam, dass wir uns doch in einem “Quiet” Wagon befanden. Was soviel bedeutete, wie “Sich anschweigen, Kopfhörer leise machen und Handys aus.” Wir aber wollten Quatschen. Keine gute Kombination, aber gut. Ich wollte der Freundin von Marie die Kartenanimation zeigen, die ich für meinen Blog gemacht hatte, hatte aber vergessen, den Ton auszumachen: Die (durch den alten Herren vor uns gerade hervorgebrachte) Stille wurde unterbrochen durch die laut aufschrillende Titelmusik von Benny Hill. Vor Schreck drückte ich irgendwas und das Handy wechselte in ein anderes Menü, sodass ich nicht sofort den Krach ausmachen konnte und meine Leute sich kaum zusammenreißen konnten, nicht laut loszulachen. Naja was solls ^^
In den Zügen in Australien gibt es keine Mülleimer! In regelmäßigen Abständen geht ein Mitarbeiter mit einer riesigen Mülltüte durch die Abteile und fragt nach Müll. Sehr komisch. Aber als dann auch noch ein anderer Angestellter mit einem mobilen Staubsauger sich versuchte, an unseren Taschen auf dem Gangboden durchzuquetschen, fragte man sich schon, was dieser Quatsch soll. Vorallen da wir uns ja in einem quiet – Wagion befanden…
Wir beschränkten die Unterhaltung also auf ein Minimum, bis wir endlich Katoomba erreichten und ausstiegen. Als wir draußen auf die Mädels warteten, weil sie nochmal schnell aufs Klo verschwanden, fing der Kanadia plötzlich an deutsch zu reden. Wir verstanden gar nichts mehr. Mit einem Dauergrinsen erklärte uns Chris, dass er uns reingelegt hatte und im Moment gar nicht aus Kanada käme. Er sei zwar dort geboren, wohne aber seit einer gewissen Zeit schon in Deutschland. Er verriet uns, dass er bei jedem Deutschen, den er hier kennenlernt erst nur so tut, als könnte er kein Deutsch. Immerhin hat er das bei uns ganze zwei Stunden durchgehalten. Nicht schlecht!
Das Wetter war wesentlich besser, als beim ersten Mal: Es wechselte hin und wieder zwischen Sonne und Schatten, wurde aber nicht wirklich kühl. Ein warmer Wind begleitete uns durch das Dorf und bis zur Kreuzung, an der wir dieses Mal den anderen Weg zum “Echo Point” einschlugen. Als wir dort an der Aussichtsplattform ankamen, zogen natürlich wieder dunkle Wolken auf und es begann zu nieseln. Nicht schon wieder… Nachdem Julia ihren neuen Selfie-Stab aus der Folie gewickelt hatte und mit uns einweihte, flüchteten wir vor dem Regen zum nächsten Souvenier-Shop, in dem Sich Marie gegen Regen vorbereitete und eine weiße Mülltüte mit Löchern – äh ein Regencape für 4 Dollar kaufte.
Gemeinsam erreichten wir die “Three Sisters” – drei dicht aneinanderstehende und in der Form fast gleich aussehende Felsen. Der abenteuerliche Weg führte einen über schmale Sandwege an roten Sandsteingebilden vorbei, über schmale Treppen, die an den Felsen montiert waren und neben denen es gute einhundert Meter nach unten ging. Aufpasen war angesagt und der entgegenkommende Menschenverkehr machte das Ganze nicht einfacher. Aber die Aussicht und das Feeling in der Gegend war einfach super!
Steiler Abgang bei den Three Sisters
Marie und der erste Blutegel
Später folgten wir dem Weg zum “Leura Forest” und ahnten dabei nicht, dass uns dieser durch ein tiefes Dschungelgebiet führen sollte. Eine ganze Weile ging es steil bergab, bis wir unten einen kleinen Platz am Fuße des Berges erreichten. Endlose Bäume, wildes Gestrüpp und Pflanzen aller Art umgaben uns – und das Schild, auf dem die Route eingetragen war. Wieder fing es an zu Regnen und Marie packte ihren Müllsack, äh ich meine ihr Regencape aus und setzte zufrieden ihren Weg fort.
Vogelgeräusche (nicht die langweligen wie bei uns zu Hause) von allen Seiten; interessante wuchernde Gewächse auf meterhohen Felssteinen mitten auf dem Waldboden; Lianen in der Luft warteten darauf, dass man sich mit ihnen durch die Gegend schwingt; feuchtwarme Luft und ein lauter werdendes Rauschen eines näherkommenden Wasserfalls – ein Feeling, wie man es nur aus einem Film kennt!
Je tiefer wir in den Dschungel drangen, umso dunkler wurde es durch das dichter werdernde Blätterdach. Am Ende unseres schmalen Weges erreichten wir unerwartet eine kleine Lichtung mit einer offnen Holzhütte. Ein toller Platz! Während wir kurz Pause machten, bemerkte Marie, dass sich etwas dunkles schleimiges auf ihrem weißen Schuh befand. Nach mehrmaligem Nachfragen, schauten wir uns das an und stellten fest, dass das schmierige Etwas kein Blatt oder Stock war, sondern ein am Land lebender Blutegel! Hysterisch sprang sie herum und zog sich hastig den Turnschuh aus mit den Worten: “Ihhh! Bitte mach das weg! Mach das weg! Mach das bitte weg! Ahh!” Doch das war gar nicht so einfach, denn das Viech hat sich richtig fest in den Schuh verbissen. Gleichzeitig merkten wir, dass auch andere von uns solche Viecher an den Schuhen kleben hatten – wir waren wohl gerade in ihr Wohnzimmer geplatzt. Ich nahm einen Stock und zeigte meinem Exemplar, dass es auf meinem Schuh nichts zu suchen habe.
Während wir Jungs (mit nun angehender Gewalt) uns und Marie´s Schuh von diesen Tieren befreiten, kletterte diese zur Sicherheit auf einen der herumstehenden Campingtische. Na ob das bei den Viechern so viel bringt…? (; Bevor noch Verstärkung anrücken könnte, begaben wir uns nach dieser Begegnung schnell wieder auf den eigentlichen Weg. Wohin sollte es eigentlich nochmal gehen? Keine Ahung, aber ein Weg führte zumindest schonmal weiter gerade aus.
Entweder ging es endlose, enge Stufen steil bergauf, oder endlose, enge Stufen steil bergab (; Man musste aufpassen, wo man hintritt, da alles sehr feucht und rutschig war. Aber man musste auch darauf achten, die Umgebung wahrzunehmen – denn wie oft ist man schonmal in einem echten Dschungel?! Wir kamen an kleinen Wasserfällen vorbei, überquerten kleine Bäche, die zunehmend größer wurden und gingen durch kurze zugewucherte Höhlenabschnitte hindurch. Ein Traum!
Als wir an einer Art Tropf-Wasserfall (der sich über mehrere Felsabschnitte über uns erstreckte) vorbeikamen, richteten alle ihre Kameras aus und waren bereit für DAS Foto – aber niemand war da, um mit verewigt zu werden. “Jetzt muss da nur noch wer hinklettern.”, sagte Julia und drückte dabei freudig auf ihren Handyauslöser. “Ja Moment!”, sprach Steven, packte seine Tasche unter einen Busch und erklimmte den untersten Felsen – bereit für das Foto seines Lebens!
Das hatte dann auch seinen Preis – beim Absteigen (eigentlich war es ein unkontrolliert langgezogenes Rutschen) rutschte er mit seinen neuen 13 Dollar Schuhen aus H&M aus, glitt über die matschige Felsoberfläche und kam unten mit mehr schleimigen Dreck an, als wohl der ganze Fels vorher gehabt haben muss. Ekelhaft! :D Das wars nun mit den neuen Schuhen… Ach und mit der Hose. Naja die Jacke eigentlich dann auch… Aber es hatte einen neuen Vorteil – von nun an, musste er nicht mehr hingucken, welchem Matschloch er als nächstes ausweichen müsse, denn das würde jetzt auch keinen Unterschied mehr machen. Aber auch meine Schuhe sahen mittlerweile aus, als wäre ich frisch aus dem Sumpf entstiegen
Nach einem mühsamen Aufstieg nach gefühlten 123712637161298 Stufen, kamen wir auf einer hochgelegenen Aussichtsplattform heraus und machten eine Pause. Ein toller Ausblick: Kilometerweit konnte man nach vorne über den Dschungel schauen und sogar die Sonne kam nochmal kurz raus. Ich versuchte mich mal wieder an einem Timelapsevideo und während ich so auf einer der Steinplatten hockte, kam Kevin zu mir und fragte: “Was hast´n du da?” Ich schaute auf mein Knie und brauchte einen kurzen Moment, um zu realisieren was da an mir klebte: Eine schwarze Spinne (zum Glück nur ein oder zwei Zentimeter). Was es für eine war, konnte ich nicht erkennen, denn aus Reflex zuckte ich (ihr kennt das ja schon von mir^^) panisch zusammen, schlug mit meiner Hand aus, um das Viech wegzuhauen und habe es dabei ausversehen instant zermatscht. Naja einer von uns beiden musste eben sterben…
Eine Stunde später (wir machten alle auf dem Rückweg zum Bahnhof noch einen Abstecher zum heimischen ALDI) saßen wir im Zug zurück nach Sydney und veranstalteten ein wohltuendes Fressgelage – diesmal in einem nicht “Quiet”-Wagon. (;
Steven und ich verabschiedeten uns von allen und nichts konnte diesen Tag besser abrunden, als ein Besuch bei Domino´s Pizza. Im Hostelzurück, trafen wir Hardy zusammen mit Philipp in der Gemeinschaftsküche. Es war Hardys letzter Abend in dem Hostel bei uns, da er ab morgen einen Platz in einer Wohnung in der Nähe gefunden hatte. Zusammen mit einem Deutschen, zwei Engländern und Einer, bei der ich gerade vergessen habe, wo sie herkam – aber das ist eigentlich jetzt auch egal. Was wichtig ist, ist dass es schade ist, dass wir in nächster Zeit wohl nichts mehr zusammen unternehmen werden, da Hardy morgen auch seinen ersten Arbeitstag hier in einer Bar hat. Wir freuten uns aber sehr für ihn, dass das alles so gut geklappt hat, verabschiedeten uns von ihm und freuten uns nun auf unsere Pizza!
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